Stellt 1853 Antrag auf Auswanderung nach Amerika, indem er den Rat um einen Freifahrtschein bittet. Qu.: KrAC B III 9, 1-16 S. 18ff Christian Friedrich Schmidt an Rat Seite 18 Wohllöblicher Gemeinderat, ich habe nun bereits das 53. Lebensjahr mit bangen Sorgen für die Zukunft angetreten und ich sehe derselben mit Angst und Furcht entgegen, indem sich jetzt schon die traurigen Vorboten meines künftigen Schicksals zeigen. Der traurige schauerliche Gedanke, wie es künftig mit mir werden soll, hat mein ganzes Gefühl ergriffen, da ich schon jetzt erfahre, dass ich hier meine Existenz nicht behaupten oder sichern kann, indem ich hier weder Verdienst noch Hilfsmittel in Händen habe, um nur ein elendes kümmerliches Leben zu fristen, indem selbst die Tagelöhner nicht hinreichende Arbeit haben. Was soll ich anfangen? In die Fremde zu gehen, verbietet mir das Landesgesetz meinem vorgerückten Alter wegen. Und das Bettelngehen ist auf das strengste verboten. Ein wohllöblicher Gemeinderat wird es mir daher gewiß gütigst verzeihen, wenn ich mich erkühne, ganz untertänigst und bescheiden demselben folgende Bitte, wozu mich nur meine traurige Lage zwingt, an ihr menschenfreundliches Herz zu legen: nämlich, wenn es sein könnte, mich gütigst vor immer durch freie Überfahrt nach Amerika zu versorgen, da ich jetzt noch kräftig und gesund bin und mich in Amerika besser wie hier zu nähren gedenke. Und ich glaube, die hiesige Kommune würde dadurch eher gewinnen, besonders wenn ich ein hohes Alter erreichen oder gar auf ein langes Krankenlager zu liegen kommen sollte. Auch habe ich jetzt noch einige Kleidungsstücke und etwas Wäsche. Und es wäre für mich eine große Wohltat, wenn es bald geschehen könnte, ehe mich die Not und der Hunger dazu treibt, solches Stück für Stück zu verkaufen, wie solches hier von mir schon aus Not und Hunger hat geschehen müssen. In der Hoffnung, dass ein wohllöblicher Gemeinderat mir meine untertänigste und bescheidene Bitte gütigst gewähren werde, verharrt mit aller Hochachtung dero untertänigster und dankbarer Christian Friedrich Schmidt, Posamentiergeselle Bürgel, 1.6.1852 Christian Friedrich Schmidt an Rat S. 26 Ohne Aussicht, um meine Existenz hier ferner noch länger behaupten zu können, so habe ich mich entschlossen, mit meiner Familie nach Amerika auszuwandern. Da ich nun in der hiesigen Kämmerei mit 11 Rthl und einigen Groschen in Reste stehe, so bitte ich, der verehrliche Stadtgemeinderat wolle doch meine Lage gütigst berücksichtigen und mir den fragliche Rest doch gütigst zu erlassen, damit mir in meiner bedrängten Lage, die mir noch wenigen Mittel, die mir noch zu Gebote stehen, um mein Fortkommen zu beschleunigen, nicht noch mehr verkümmert werden. Da ich doch noch nie mir etwas habe zu Schulden kommen lassen, so hege ich das Vertrauen, dass sie mir in dieser Beziehung meinen Wunsch nicht werden unberücksichtigt lassen. Denn würde mir das Fortkommen erschwert, was würde am Ende dabei gewonnen werden, wenn ich dann gezwungen wäre, da zu bleiben? Ohne allen Verdienst würde ich in Zeit von höchstens 2 Jahren in so einen hilfsbedürftigen Zustand geraten, dass ich am Ende doch auch gezwungen wäre, die Hilfe der Commune in Anspruch zu nehmen. Und das wünsche ich doch eben nicht. Darum bitte ich Sie noch einmal dringend, ja meine Lage ins Auge zu fassen und mir doch in dieser Angelegenheit die Hilfe nicht zu versagen. In der Hoffnung, dass der verehrliche Stadtgemeinderat mir meine Bitte gütigst gewähren möge, unterzeichnet sich der zum Danke verpflichtete Christian Friedrich Schmidt Stadt Bürgel, 4.7.1853 Aktennotiz: Dem Schmidt ist die Hälfte dessen, was er schuldet, zu erlassen
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